Wie es mit dem Weinbau weitergeht, wird wohl bei der Europawahl entschieden
„Die EU-Grünen arbeiten unverdrossen am Untergang des Remstal-Weinbaus“, fassen die FDP-Landtagsabgeordneten Jochen Haußmann und Julia Goll sowie MdB Stephan Seiter den letzten Stand der Informationen zusammen, den sie von Andreas Glück, dem Europaabgeordneten der FDP erhalten haben. Die schlechte Nachricht von diesem ist, „die Abstimmung im Ausschuss ist für Ende Oktober geplant. Dort wird das Gesetz wohl gegen unsere Stimmen angenommen werden.“ Die gute Nachricht ist: „Eine Verabschiedung des Gesetzes vor der Europawahl ist höchst unwahrscheinlich“, weil der EU-Ministerrat das Thema langsamer bearbeitet. Cem Özdemir (Grüne), der als deutscher Landwirtschaftsminister dem Gremium angehört, bewege sich inzwischen tatsächlich und habe in der letzten Sitzung des Rates am 18. September die schlechte handwerkliche Qualität des Entwurfes kritisiert. Für alle vier Abgeordneten gibt es aber noch jemand, der nicht aus der Verantwortung entlassen werden dürfe. Was Andreas Glück so formuliert: „Für mich ist es völlig unvorstellbar, wie weit der Gesetzesvorschlag der Kommission von der Realität entfernt ist. Man würde nicht vermuten, dass dies mit einer deutschen CDU-Kommissionspräsidentin möglich ist.“
„Die Kolleginnen und Kollegen von der CDU im Rems-Murr-Kreis haben sich Cem Özdemir vorgenommen, aber der Minister hat im Rat schon vor zwei Wochen von „massive damages“, „schweren Schäden“ gesprochen, die der Weinbau erleiden wird, wenn der Entwurf seiner grünen EU-Kollegin wie vorgelegt durchgeht“, fasst Jochen Haußmann die Berichte aus dem Rat zusammen. „Das heißt aber nicht, dass er schon komplett auf unsere Linie eingeschwenkt ist“, ergänzt Stephan Seiter. Trotzdem gibt der aktuelle Ablauf ein Stück weit Hoffnung. Das liegt daran, wie der EU-Ablauf solcher Gesetzgebungsverfahren ist. Es gibt einen „Trilog“: Das heißt, die Kommission legt einen Entwurf vor. Der wird dann vom EU-Parlament und vom EU-Ministerrat bearbeitet.
So läuft’s auch bei der Pflanzenschutzrichtline: „Derzeit wird das Gesetz im ENVI-Ausschuss verhandelt“, sagt Andreas Glück, der als Mitglied des „Committee on the Environment, Public Health and Food Safety“ gleich ENVI-Ausschuss oder zu Deutsch des „Ausschusses für Umweltschutz, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit“, bei dem Thema in der ersten Reihe sitzt. Das Gremium hat 88 Mitglieder und „dort wird das Gesetz wohl gegen unsere Stimmen angenommen werden.“
„Wenn dies das letzte Wort wäre, wäre das eine schlechte Nachricht“, sagen die FDP-Abgeordneten Jochen Haußmann, Julia Goll, Stephan Seiter und Andreas Glück: Denn die österreichische Berichterstatterin Sarah Wiener (Grüne) habe ihre Vorschläge sogar noch verschärft: „Das Verbot des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten wurde nicht gekippt. Es gibt nur Ausnahmen für im biologischen Landbau zugelassenen Pflanzenschutzmittel. Das heißt, wer seinen Betrieb im Schutzgebiet nicht aufgeben will, muss Bio machen“, sagt Andreas Glück. Und weiter: „Die Berechnungsgrundlage für die Reduktionsziele soll von 2015-2017 auf 2018-2020 angehoben werden. Damit wird bisheriger Fortschritt ignoriert und es werden die bestraft, die bereits reduziert haben!“
Allerdings hat das Ganze jetzt auch „das Zeug zu einem Wahlkampf-Thema“, sagt Jochen Haußmann. Denn nach Einschätzung von Andreas Glück wird der EU-Ministerrat das Thema vor der Europawahl nicht mehr abschließend behandeln „und dann werden die Karten im Europaparlament neu gemischt“ (Haußmann). Auch Julia Goll schätzt, „dass das Bewusstsein für die Bedeutung dieser Wahl angesichts der vielfältigen Verbotsinitiativen, die aus der EU auf die nationale Ebene durchschlagen, bei den Wahlberechtigten deutlich wächst.“ Am Beispiel der Wengerter im Remstal lasse sich das deutlich zeigen. „In den letzten zehn Jahren haben wir mit rund 1.250 Hektar bestockter Rebfläche eine stabile und qualitativ hochwertige Weinbau-Landschaft“, verweist Jochen Haußmann auf den aktuellen Stand. Die EU-Pflanzenschutz-Richtlinie rüttle an diesem Bestand, wenn sie im grünen Sinne umgesetzt werde und das betreffe insbesondere rund 800 Weinbaubetriebe im Nebenerwerb. „Deswegen wollen wir kein pauschales Verbot des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten, sondern mögliche Verbote nur dann, wenn der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln das jeweilige Schutzziel negativ beeinflusst“, nennt Andreas Glück eine Forderung der Liberalen als Beispiel. Unter dem Strich bleibt es ohne Änderungen der Pflanzenschutzrichtlinie bei seiner bisherigen Einschätzung: „Der Entwurf in seiner jetzigen Form wird der Wein- und auch der Landwirtschaft den Garaus machen. Ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln in sensiblen Gebieten kommt einem Berufsverbot für die Betroffenen in diesen Gebieten gleich.“