Prof. Dr. Stephan Seiter

Von 1,68 Milliarden Einkommensteuer bleibt künftig etwas mehr in der privaten Haushaltskasse

Prof. Dr. Stephan Seiter MdB
Prof. Dr. Stephan Seiter MdB 

”Dass es gelungen ist, die ständig wachsende Steuerlast durch die kalte Progression zum 1. Januar 2023 einzudämmen, halten wir für einen Riesenerfolg der FDP“, kommentiert der FDP-Bundestagsabgeordnete Professor Dr. Stephan Seiter zusammen mit den LandtagsabgeordnetenJulia Goll und Jochen Haußmann, das neue Inflationsausgleichsgesetz. Dabei ändere das nichts am Grundsatz, dass „starke Schultern auch mehr tragen sollen, aber es stoppt den Trend, dass nicht nur auf starke Schultern immer mehr draufgepackt wird“, sagt Stephan Seiter, Professor der Volkswirtschaftslehre. Das lässt sich in Zahlen packen, wobei es darauf ankommt, welches Jahreseinkommen zugrunde gelegt wird: „Starke Schultern haben aus Sicht der jahrzehntelangen Steuerpolitik alle, die über 50.000 Euro Einkommen pro Jahr anmelden“, verweist Jochen Haußmann auf die verfügbaren Werte aus der Einkommensteuerstatistik, in der sich derzeit bundesweit 42.000 Euro als Durchschnittseinkommen aus den Steuerdaten errechnen lassen. Die Zahl der Personen über 50.000 € Jahreseinkommen betrug zuletzt im Rems-Murr-Kreis 73.832 Steuerzahlende und ihr Beitrag liegt bei 1,68 Milliarden Euro. Damit haben diese Steuerzahlenden der Zahl nach einen Anteil von 32,85 Prozent an den veranlagten Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen. Sie bezahlen aber 83,60 Prozent des Steueraufkommens. „Und davon bleibt künftigetwas mehr in der privaten Haushaltskasse“, freuen sich die drei FDP-Abgeordneten.

 

„Wobei, wenn wir’s noch genauer aufschlüsseln, die Menschen und Familien mit 50.000 bis 125.000 Euro Einkommen im Rems-Murr-Kreis 43,47 Prozent beitragen und die mit höheren Einkommen 40,14 Prozent“, weist Julia Goll darauf hin, wie die Steuerlast je nach Einkommensklasse zuletzt verteilt war. Die drei Abgeordneten können aber noch einen drauf setzen: „Dass ein Drittel der Steuerpflichtigen im Rems-Murr-Kreis aus ihrem Lohn, Gehalt oder anderem Einkommen 83,60 Prozent des Steueraufkommens finanzieren, mag sich ja schon beeindruckend anhören. Dass es aber, wenn wir die Einkommensklasse 35.000 Euro bis 50.000 Euro, die zum Teil ja auch schon über dem Durchschnittseinkommen liegt, noch dazu nehmen, dann nochmal plus 10,08 Prozent sind und damit alle Anteile zusammengerechnet 93,68 Prozent ergeben, macht die Dimension der Steuerbelastung für den gern gelobten Mittelstand noch deutlicher,“ fasst Stephan Seiter zusammen und es beweise, „warum es jetzt, mit der sich auf hohem Niveau befindlichen Inflation, wichtig war, bei der Lohn- und Einkommensteuer zu entlasten.“

 

Basis dieser Aussage sind die Lohn- und Einkommenssteuerdaten von 2018, also noch aus der Zeit der Großen Koalition. „Das ist aber nicht vermeidbar, weil die erfassten Lohn- und Einkommensteuerfälle erst abgeschlossen sein müssen und nur dann eine bundesweite Vergleichbarkeit besteht. Und vier Jahre dauert ein strittiger Steuerfall schon mal, also gibt es erst dann verlässliche Zahlen“, sagt Jochen Haußmann. Deswegen gibt es vorher auch immer nur die Werte der berühmten Steuerschätzungen. Was die endgültigen Daten aus der Regionaldatenbank Genesis jetzt ermöglichen, ist beispielweise die Aussage, dass der ‚Gesamtbetrag der Einkünfte‘ der 224.785 Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen im Rems-Murr-Kreis 2018 bei 10,84 Milliarden Euro lag, von denen insgesamt 2,00 Milliarden Euro Steuern zu zahlen waren, während im Vergleichsjahr 2010 insgesamt 207.863 Lohn- und Einkommensteuerpflichtige insgesamt 7,59 Milliarden Euro einnahmen und davon 1,31 Milliarden Euro Steuern zahlten. Die durchschnittlichen Einkünfte lagen 2018 bei 48.234 Euro. Die durchschnittliche Steuer pro Steuerzahlenden lag bei 8.918 Euro. Der durchschnittliche Steuersatz lag bei 18,49 Prozent (Vergleichswerte 2010: durchschnittliche Einkünfte: 36.530 Euro, durchschnittliche Steuer: 6.287 Euro, durchschnittlicher Steuersatz: 17,21 Prozent.

 

Aber wie gesagt, „die Durchschnittswerte sind mit Vorsicht zu genießen, weil sie die breite Spreizung der Einkommensklassen und die Entwicklung bei den Einkommen vernachlässigen“, sagt Stephan Seiter: „2010 lag nicht nur die Zahl der Steuerpflichtigen niedriger, es gab auch deutliche Unterschiede beim steuerpflichtigen Einkommen und vor allem haben sich die Einkommen gegenüber der Zeit kurz nach der Bankenkrise deutlich weiterentwickelt. In Zahlen: In der Gruppe mit einem Einkommen bis 15.000 Euro, betrug die Zahl der Steuerpflichtigen damals 69.821. Dagegen waren es 2018 in dieser Gruppe noch 56.721 Steuerpflichtige, also weniger. Ihr Steueranteil lag bei 6,96 Millionen Euro (2010: 8,27 Millionen)“.

 

Die Zahl der Steuerzahlenden in der Einkommensklasse 15.000 bis 30.000 Euro wuchs im betrachteten Zeitraum nach den Zahlen der Regionaldatenbank Genesis von 30.191 Steuerpflichtigen um 44,99 Prozent auf 43.774. Ihre Steuern summierten sich auf 69,70 Millionen Euro. (2010: 83,25 Millionen Euro), lagen also niedriger. 2010 lag der Durchschnittsbetrag je Steuerzahlenden bei 2.758 Euro, während der Betrag 2018 mit 1.592 Euro deutlich niedriger lag. „Was darauf hinweist, dass in dieser Einkommensklasse schon in den letzten Jahren vorgenommene Entlastungen wirksam wurden“, sagt Stephan Seiter.

 

In der Einkommensklasse 30.000 bis 125.000 Euro wuchs die Zahl der Steuerzahlenden im betrachteten Zeitraum von 87.534 Steuerpflichtigen um 28,27 Prozent auf 112.278. Ihre Steuerzahlungen ergaben insgesamt ein Aufkommen von 1,12 Milliarden Euro. (2010: 0,81 Milliarden Euro), wuchsen also parallel ebenfalls. 2010 betrug der Durchschnittsbetrag je Steuerzahlenden 9.261 Euro, während er 2018 auf 10.005 Euro kam. Wird nur die Einkommensklasse 50.000 bis 125.000 Euro betrachtet, ergibt sich, dass die Zahl der Steuerzahlenden wuchs: von 42.242 Steuerpflichtigen um 46,35 Prozent auf 61.820. Ihre Steuerzahlungen ergaben insgesamt ein Aufkommen von 871,34 Millionen Euro. (2010: 576,24 Millionen Euro), wuchsen also parallel ebenfalls. 2010 betrug der Durchschnittsbetrag je Steuerzahlenden 13.641 Euro, während er 2018 rund 14.095 Euro ausmachte.

 

Bleibt noch die Zahl derer, die im Rems-Murr-Kreis über 125.000 Euro als Einkommen anmeldeten. Sie wuchs in dieser Zeit von 5.204 Steuerpflichtigen um 130,82 Prozent auf 12.012. In die Steuerkasse zahlte diese, vergleichsweise kleine Gruppe insgesamt 804,55 Millionen Euro ein. (2010: 404,60 Millionen Euro), Das ist ein Anstieg um 98,85 Prozent beziehungsweise 399,95 Millionen Euro. Diese Gruppe trug damit allein 40,14 Prozent der Steuerlast. 2010 lag der Durchschnittsbetrag je Steuerzahlenden bei 77.748 Euro, während er bis 2018 auf 66.979 Euro sank.

 

Vom 1. Januar 2023 an gelten neue Steuersätze, weil Bundestag und Bundesrat das ”Inflationsausgleichsgesetz” verabschiedet haben,“ erläutert Jochen Haußmann. Das bringt unter anderem als Entlastung eine Anhebung des Grundfreibetrags, bis zu dem keine Steuer zu zahlen sind, auf 10.908 Euro. Weitere Entlastungen gibt es für Familien. Und die Spitzenverdienenden beginnen dann bei 62.810 Euro mit einem weiteren Steuersatz-Aufschlag bei 277.826 Euro. „Wie sich die neuen Einkommensklassen auswirken, wissen wir präzise 2027“, sagen die drei Abgeordneten. Sie hoffen aber auf „eine angemessene Entlastungswirkung für die Menschen, die sich Ende Januar 2023 erstmals auf den Gehaltsabrechnungen und in freiberuflichen Einkommen niederschlägt“.